Esstische: Unerzichtbarer Mittelpunkt des Familienlebens

Es ist interessant, mit dem Wort "Tisch" ein bisschen zu spielen. Bittet man zum Beispiel zehn Menschen, einen Tisch zu beschreiben, wissen alle, was gemeint ist - aber ihre Beschreibung fällt zehnmal unterschiedlich aus. Bitten wir sie jedoch, den Esstisch zu beschreiben, nähern sich die Beschreibungen einander an. Erinnerungen kommen auf.

Egal, ob ein alter Biedermeier Esstisch oder ein Esstisch der 70er Jahre: Sie waren das Zentrum des Familienlebens. Man hat Mittagessen, Kaffeekränzchen, Geburtstagsnachmittage und Spiele-Abende daran verbracht. Man hat unter Mutters Aufsicht die Matheaufgaben am Esstisch gelöst, weil man in seinem eigenen Zimmer allzu gerne Radio hörte. Man hat im Kreise lieber Tanten oder Freunde Canasta-Abende veranstaltet oder Briefe geschrieben. Kurzum: Der Esstisch war viel mehr als ein reiner Esstisch. Er ist eigentlich ein Multifunktionstool, das unverzichtbar ist. Nun hat man heute die tradierten Familienverbände gelockert und gibt der Freundesfamilie mehr Gewicht. Folglich haben auch Esstische einen Bedeutungswandel erlebt. Aber wie lange kann man ohne Esstische auskommen? In jungen Jahren isst man in der Küche oder nimmt den Kaffee im Pappbecher irgendwo unterwegs aus der Bäckerei mit. Man sitzt in tief gelegten Designersesseln an zu flachen Tischen und bemüht sich, beim Balancieren des Tellers auf dem Schoss kein allzu großes Malheur anzurichten. Wird man aber älter, erinnert man sich unweigerlich an gemütliche Esstische. Wer gerne mit Familie und Freunden feiert und kocht, kommt nicht umhin, dieses praktische Möbel zu würdigen. Auch heute kann man ausziehbare Esstische kaufen. Naturgemäß sind auch diese mit der Zeit gegangen. Es sind keine wuchtigen Eichentische mehr, sondern luftig wirkende Designermöbel oder antike Möbel, die man mit schönem Gestühl kombiniert. Möglicherweise steht der Esstisch heute in einem separaten Zimmer statt in einer Essecke. Seine Qualitäten aber hat er nicht verändert. Ob er ausziehbar ist oder ob man einen zweiten kleineren Tisch gleicher Machart aus einem anderen Zimmer dazu stellen möchte, wenn Bedarf besteht, ist individuelle Entscheidung. Wir verfügen über genügend Phantasie und Möglichkeiten, raffinierte oder schlichte Lösungen für unsere Wohnprobleme zu finden.

Optische Ansprüche an Esstische sind heute andere als früher. Früher musste es der solide Esstisch Kirschbaum sein. In den siebziger Jahren begnügte man sich als junge Familie mit dem Billigmodell eines schwedischen Möbelhauses. Heute darf es gerne designerisch-edel wirken, dabei aber funktionell sein. Weißer Schleiflack geht ebenso wie ökologische Hölzer. Mit Tropenhölzern hat man heute ein Problem. Wir besinnen uns mehr auf einheimische Hölzer, von denen wir schließlich genug haben. Außerdem ist klares skandinavisches Design heute viel zeitgemäßer als schwere Kolonialmöbel.