Möbelstile und deren EpochenVom Barock über Biedermeier bis zum Art Deco

Ankleidespiegel Kirsche
Biedermeier Möbel
Biedermeier Spiegel 1103
Gründerzeit Möbel
Biedermeier Stuhl
Jugendstil Möbel
Stuhl
Art Deco Möbel

Möbelstile und deren Möbelepochen

Was sind überhaupt Möbel? Als Möbel bezeichnet man die beweglichen Ausstattungsstücke eines Innenraumes. So will es auch die Herkunft des Wortes, das sich vom lateinischen Wort „mobile“ – beweglich – herleitet. Ihrer Funktion nach lassen sich Kasten-Möbel wie Kommoden, Schränke und Truhen unterscheiden. Oder Tafel-Möbel wie Tische, Pulte und Schreibtische sowie Sitz-und Liegemöbel, zu denen etwa Stühle, Bänke, Sessel, Hocker, Betten und Liegen zählen. Zu allen Zeiten variierten Möbelstücke dem jeweiligen Zeitgeschmack entsprechend. Diese unterschiedlichen Ausprägungen des Mobiliars werden als Möbelstile bezeichnet.

Eine kleine Möbelstil-Geschichte -  wie alles vor mehr als 3.000 Jahren begann

Ägyptische Grabfunde aus dem 2. Jahrtausend v. Chr. belegen es: Bereits in dieser Zeit wurden Pharaonen und anderen wichtigen öffentlichen Personen Möbel als Grabbeilage mitgegeben. Dabei handelte es sich um Sessel oder Truhen, aber auch um Betten oder Nackenstützen, die bereits mit  Einlegearbeiten und Flechtwerk verziert waren. Wie die Möbel der Griechen, Römer und Etrusker aussahen, können wir heute noch auf Vasen, Reliefs oder in der Buchmalerei bewundern; denn auch hier gab es bereits kostbare Einlegearbeiten und sogar kunstvoll hergestellte Beschläge. Mit dem Ende der Spätantike – etwa 100 Jahre n.Chr. – endet diese erste Hochzeit der Möbelkultur. Zwar gab es weiterhin herrschaftliche Möbel, wie etwa Thronsessel oder ähnlich repräsentative Stücke für Kaiser und Könige. Im privaten Bereich allerdings waren Möbel bis zur Zeit der Renaissance auf das Notwendigste beschränkt und, sofern es sich um Bänke und Betten handelte, meist fest eingebaut, somit eben nicht mobil. Außerdem waren diese Möbelstücke rein am Zweck orientiert, sodass von einem deutlich ausgeprägten Möbelstil nicht die Rede sein kann.

Die Rückkehr zum beweglichen Möbelstück – das Zeitalter der Renaissance

Der Renaissance-Stil für Möbel ging im 15. Jahrhundert von Italien aus und sollte im 16. Jahrhundert auch im übrigen Europa Stil bildend werden.  Ausschlaggebend für diesen Möbelstil war die Verwendung antiker Motive, die in Form von Säulen oder antiken Figuren, aber auch in der Nischen- oder Gebälkform dekorativ zum Tragen kam.

Barock und Rokoko – gewagte Formen und neues Dekor

Barocco – das italienische Wort für Barock – heißt eigentlich übersetzt „schief und rund“ und galt ursprünglich durchaus als Schmähwort. Dennoch heißt das für den Möbelstil des Barock, der sich zum Ende des 17. Jahrhundert hin ausbildete:  Schwungvolle, teils stark gebauchte Formen konnten sich durchsetzen. Bandintarsien, die barock-typischen Kugelfüße sowie profilierte Sockelleisten und Deckplatten zeugten von der Handwerkskunst dieser Epoche. Wer sich heute Originale aus dieser Zeit anschaut, wundert sich allerdings, wie grob diese Möbelstücke innen verarbeitet sind. Der Fachmann redet von waldsäumig und sogar säge-rau. Und meint damit: Das Holz wurde hinter der repräsentativen Fassade so verwendet, wie es von der Säge – rau – zurückgelassen wurde; oder sogar waldsäumig, sodass im Inneren des Möbelstücks die Rundungen des Holzstammes noch erkennbar waren.
Das Rokoko verfeinerte diesen im Inneren eher groben Möbelstil des Barock, indem es feuervergoldete Zierbeschläge hervorbrachte, welche die Kanten schützten und die immer vielteiliger geformten Furniere befestigten. Rocailles – muschelförmige Schnitzereien – wurden im Möbelstil des Rokoko immer beliebter.

Die Ansprüche steigen – die Formenvielfalt der Möbelstile steigt mit ihnen

Zum Ende des 18. Jahrhunderts hin steigen Anspruch und Bedarf an Einrichtungsgegenständen. In Frankreich als Louis XVI bezeichnet, gilt dieser Möbelstil in deutschsprachigen Landen als josefinisch, nach Kaiser Josef II., der von der Mitte bis zum Ende des 18. Jahrhunderts regierte. Konische Füße, mäandernde Bandintarsien und geschwartete, somit von der natürlichen Rundung des Stammes befreite, Rüster – ein anderes Wort für Ulmenholz – bestimmten diesen Möbelstil.

Früher Klassizismus und Empire – die Vorläufer der perfekten Handwerkskunst des Biedermeier

Die endgültige Abkehr von den barocken, schwungvollen Formen zeigt sich im frühen Klassizismus, der sich betont geradlinig gibt; später dann im Möbelstil des Empire und der Restauration. Hier dominieren Ahornhölzer mit ihren volutierten Seitenpilastern sowie halbkugelförmige Füße. Typisch für diese Möbelstile sind auch die feinen Einlegearbeiten sowie die stilisierten Palmenblätter, die mit ihrer Mischung aus Strenge und Schwung den Geist dieser Epoche besonders deutlich aufzeigen.

Biedermeier, Historismus und Jugendstil – Möbelstile, die bis heute das Herz eines jeden Sammlers höherschlagen lassen

Wer sich heute für Möbestilkunde interessiert, wer Möbel Stilepochen zu seinem ganz persönlichen Hobby erklärt und sich außerdem zu denen zählt, die beim ersten Blick einen Möbelstil erkennen – bei dem- oder derjenigen handelt es sich höchst wahrscheinlich um einen Menschen, der mit Kennerblick den Möbelstil um 1900 im Auge behält. Denn von allen Möbelstilepochen sind es speziell die Möbel aus der Zeit zwischen 1815 und etwa 1925, die das Herz vieler Sammler höher schlagen lassen. Dabei berufen sich Empire wie Biedermeier auf klare, klassizistische Formen. Wobei es dem Biedermeier – einer Epoche, die etwa von 1815 bis 1848 prägend war - vorbehalten bleibt, die Sprache des Holzes mit seiner wunderbaren Maserung, mit speziellen Fugen und vor allem der hoch glänzenden Schellack-Bearbeitung für sich selbst sprechen zu lassen. Der ausgeprägte Eklektizismus des Historismus – erlaubt ist, was gefällt, wobei die Anregungen meist Klassik, Renaissance oder Rokoko entnommen wurden – wurde um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert abgelöst vom Jugendstil, der auch in vielen anderen Begriffen präsent, vor allem aber auch als Art nouveau oder Wiener Sezession bekannt ist.
Sein  Credo war die Rückkehr zur hochwertigen, handwerklichen Einzelfertigung – die beginnende, industrielle Möbelfertigung lehnten Möbeldesigner wie William Morris oder John Ruskin kategorisch ab. Weil diese handgefertigten Stücke mit ihren stilisierten, floralen und flammenförmigen Mustern nicht für den Durchschnittsverdiener geschaffen wurden, haben originale Jugendstilmöbel heute erst recht Konjunktur – und ihren Preis. Viele Liebhaber von Jugendstilmöbeln entscheiden sich aber auch für einen originalgetreuen Nachbau ihres begehrten Möbelstücks; denn ein solches darf nicht nur bestaunt, sondern im Alltag auch gerne genutzt werden. Und was könnte es für einen echten Liebhaber antiker Möbel Schöneres geben?

Kurzüberblick:

 

Gotik Möbel 1140 - 1500

Die Gotik begann um 1140 und lief um 1500 aus. Man fertigte weniger grobe und massive Möbel als in der vorangegangenen Romanik. Angelehnt an die gotische Kathedralen-Architektur mit ihren Strebepfeilern und Spitzbogengewölben entstanden Möbel mit durchbrochenen, geschnitzten oder bemalten Flächen. Das zunehmend selbstbewusste Bürgertum verlangte nach abwechslungsreichen und komfortablen Möbeln. Tische mit herausklappbaren Platten wurden als Schreibtische benutzt, in Schränke wurden praktische Schubladen eingesetzt, Stühle erhielten bequeme Rücken- und Armlehnen. Obwohl in der Folgezeit neue Möbelstile entstanden, hielten sich die Grundformen der Gotik bis ins 16. Jahrhundert.

Renaissance Möbel 1500 - 1580

Die Renaissance kam um 1500 in Italien auf und hielt bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts an. Ihre kunsthistorische Bedeutung liegt in der Malerei, der Bildhauerei und der Architektur. Die damalige Suche nach schönen und kunstvollen Formen beeinflusste jedoch auch den Möbelbau. An den europäischen Herrscherhöfen wurden neue Standards gesetzt. Betten, Truhen oder Schreibkabinette erhielten Sockelebenen, geschnitzte Figuren, Reliefs, Säulen, Pilaster und Gesimse. Grundsätzlich besaßen Renaissance Möbel klare und klassisch elegante Proportionen.

Barock Möbel 1575 - 1770

Der Manierismus ging um 1575 in das Barock über. Hier setzten sich neue Möbelstücke durch: Konsoltische, Sofas, Kommoden, Anrichten oder Pfeilerspiegel. Typisch für barocke Möbel sind gekrümmte, gebrochene Linien, Vergoldungen, Intarsien und dekorative Schnitzereien. Als Schmuckmotive waren Girlanden, Blüten, Putten, Muscheln oder Früchte beliebt. Die Luxusmöbel für die Könige und die Aristokratie wurden besonders prunkvoll gestaltet. Gebrauchsmöbel weisen zurückhaltendere Formen auf. In Frankreich werden Barock Möbel Bezug nehmend auf den „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. auch als Louis Quatorze Möbel bezeichnet.

Rokoko Möbel 1720 - 1780

Um 1720 setzte sich die Spätphase des Barocks, das Rokoko durch. Dieser Name leitet sich vom französischen Wort „Rocaille“, der Vokabel für „Muschelwerk“, ab. Das französische Rokoko, der so genannte Louis Quinze Möbelstil, greift den Namen des damaligen Regenten Ludwig XV. auf. Rokoko Möbel zeichnen sich durch geschnitzte und vergoldete Muschelornamente, vielerlei weitere Verzierungen und asymmetrische Linien aus. Tische, Stühle oder Sofas weisen häufig s-förmig geschwungene Beine auf. Auch c-förmig gerundete Konturen waren beliebt. Schreibtische und Sekretäre erlebten damals einen regelrechten Boom.

Klassizismus Möbel 1780 - 1840

Die ersten Ansätze des Klassizismus reichen bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurück. Klassizistische Möbel kommen ohne die ornamentalen Schnörkel des Rokokos aus. Kommoden, Schränke, Sessel oder Stühle wirken schlicht und geometrisch. Man bevorzugte runde, ovale und rechteckige Konturen. Tische und Stühle wurden nicht mehr mit dekorativ geschwungenen, sondern mit geraden, lediglich konisch zulaufenden Beinen ausgestattet. Allerdings milderte man die strenge Ausstrahlung des Klassizismus durch reduzierten Schmuck und dezente Ornamente.

Louis Philippe Stil 1830 - 1848

Unter Louis Philippe Stil versteht man mehrere französische Möbelstile, die sich zwischen 1830 und 1848, zur Regierungszeit des „Bürgerkönigs“ Louis Philippe entfaltet haben. Anstelle klarer und eindeutiger Kriterien herrschte ein Nebeneinander unterschiedlichster Formen. Man zitierte die Gotik, die Renaissance, das Barock oder den Louis Seize Stil. Diese wenigen Jahren schließen an den Klassizismus und an das Empire an. Zugleich greifen sie dem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auflebenden Historismus vor.

Gründerzeit Möbel 1860 - 1895

Gründerzeit Möbel zitieren die Formensprache vergangener Epochen. Man spricht von Neogotik, Neorenaissance oder Neobarock. Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auflebende Gründerzeit ist daher auch als Historismus bekannt. Im Möbelbau wurden oftmals mehrere historische Stile miteinander kombiniert. Obwohl man sich auf die Vergangenheit bezog, griff man mit einer solchen Collage-Technik der künstlerischen Avantgarde zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor.

Jugendstil Möbel 1900 - 1915

Der Jugendstil verbreitete sich im ausgehenden 19. Jahrhundert und im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Damalige Möbeldesigner wendeten sich vom bisherigen Historismus ab. Typisch für ihre Entwürfe sind kurvige Linien, asymmetrische Muster und Ornamente. Besonders beliebt waren Ranken- und Blumenmotive. Nicht zuletzt setzte man auf die Verbindung von Kunst und Kunsthandwerk. Damit wurden Jugendstil Möbel zum Kontrastprogramm des Art Déco. Dort bemühte man sich eher um industrielle Herstellungsverfahren.

Art Déco Möbel 1920 - 1940

Dieser Möbelstil wurde nach der im Oktober 1925 in Paris veranstalteten Ausstellung „Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriel Modernes“ benannt. Art Déco Möbel lösen die ornamentalen Formen und fließenden Konturen des Jugendstils ab. Obwohl mit Art Déco die dekorativen, verzierenden Künste gemeint sind, konzentrierte man sich auf einfache, strenge und geometrische Designs und auf die damals aufkommenden industriellen Fertigungstechniken.